BLACKOUT - Wenn der Strom weg ist!

Der regionale oder gar kontinentale Stromausfall gehört in unserer hochtechnisierten Welt zu den absoluten Horrorszenarien. Wie kommt es  dazu, was kann man im Falle des Blackout tun und wie kann man sich vorbereiten?

Blackout - Stromausfall

Sicherlich hat es jeder schon einmal erlebt. - Buff! -  Licht aus, Computer aus, Herd aus und so weiter.

In der Regel dauert ein Stromausfall nur wenige Minuten, denn unsere Versorger arbeiten gut und schnell, Fehler sind binnen kürzester Zeit gefunden und behoben. In Deutschland verfügen wir über Stromnetze, die gut organisiert und auch gut geschützt sind. So sind wir es gewohnt. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass durch Verkettung unglücklicher Umstände ein länger andauernder kompletter Stromausfall eintritt.

Viele kennen sicherlich das Buch BLACKOUT von MARC ELSBERG, das sich seit 2012 in hoher Auflage verkaufte, er beschreibt darin die Auswirkungen eines zweiwöchigen Stromausfalls sehr plastisch. In seinem Buch erzählt er, wie unter anderem ein Umspannwerk in Schacht-Audorf zerstört wird und dadurch eine Kette von Folgeereignissen zu Stromausfällen führt. Dieses Umspannwerk existiert tatsächlich.

Kann uns nicht passieren? Diese Annahme könnte sich im Fall der Fälle als fatale Fehleinschätzung herausstellen.
Es erscheint nahezu unmöglich, sich umfassend auf einen langanhaltenden, flächendeckenden Stromausfall vorzubereiten."
Aussage des Katastrophenschutzstabes zum Sonderkatastrophenschutzplan im Kreis Pinnenberg
Quelle: https://www.shz.de/18893026 ©2019

Auf eben diesen Sonderschutzplan und den daraus resultierenden Erkenntnisse gründen sich die hier gemachten Aussagen zur Sicherheit unserer Stromversorgung. Es besteht keinerlei Grund, in Panik zu verfallen oder Angst zu haben. Unsere Netze sind sicher. Aber sie sind eben nur sicher im Bereich des Machbaren. Überall, wo Technik eingesetzt wird, kann es zu Fehlern kommen, die den sicheren Ablauf stören, so auch im Stromnetz.

Die Stromnnetze

Bevor wir uns den Ursachen und Folgen von Stromausfällen widmen, ein paar Worte zur Architektur unseres Stromnetzes. Wir sind es gewohnt, dass aus unseren Steckdosen Strom fließt, und zwar zu jeder Zeit, pausenlos. Schließlich zahlen wir ja dafür. STROM ist eine WARE, die - ähnlich wie Wasser - durch ein hochkomplexes Leitungsnetz fließt. Ein Ausfall der Stromversorgung kann uns auf vielen Ebenen treffen:

  • im Hausstromkreis (Niederspannung)
  • im Lokal- oder Stadtnetz (Nieder- & Mittelspannung)
  • im Hoch- und Höchstspannungsnetz

Durch den engen Netzverbund können kleine Störungen kaskadieren und größere Bereiche des Stromnetzes lahmlegen.

Ein Beispiel: Im November 2006 sollte anlässlich der Überführung des Kreuzfahrtschiffes Norwegian Pearl durch die Ems eine querende 380kV-Doppelleitung planmäßig durch den Betreiber Tennet TSO (vormals: EON) abgeschaltet werden, da das extrem hohe Schiff sonst durch seine Masse eine Lichtbrücke erzeugt hätte. Zu diesem Zeitpunkt transportierte die Leitung etwa 10 Gigawatt Leistung. Zwischen den Netzbetreibern Tennet TSO, 50Hertz Transmission (vormals Vattenfall) und Amprion (vormals RWE) kam es zu mehrfachen Kommunikationsstörungen, sodass die anderen Betreiber ihre Kapazitäten nicht anpassen konnten. Gegen 22:11h fiel die Netzfrequenz im Süden Europas binnen Sekunden auf 49 Hertz ab, was wegen der Überfrequenz im Norden einen Stromausfall für etwa 10 Millionen Haushalte verursachte. Die Schwankung betrug lediglich 1 Hertz! Allein die sofortige Trennung des UCTE-Netzverbundes in drei Areale verhinderte Schlimmeres. Aber dazu kommen wir noch. Und das nur, weil ein paar Operatoren in den Netzbetreiberzentralen gepennt haben, sozusagen. Die ganze Angelegenheit ist sehr detailliert in der -> Wikipedia-Enzyklopädie dargestellt.

Zunächst einmal wollen wir uns die Netzarchitektur in Deutschland anschauen, diese ist in der folgenden Übersicht stark vereinfacht dargestellt.

Netzarchitektur Stzromnetze

Das Stromnetz hat die Aufgabe, die Erzeuger (Kraftwerke) mit den Verbrauchern (Abnehmer) zu verbinden. Dabei werden deutschlandweit unglaubliche Mengen Strom verbraucht. 600 Terawattstunden Bruttostromverbrauch jährlich, davon

  • Industrie: ca. 47%
  • Haushalte: ca. 25%
  • Handel, Gewerbe: 14%
  • Verkehr: ca. 2%
  • Landwirtschaft: ca. 2%
  • sonstige: ca. 10%

Im Haushalt verbraucht jeder Bürger etwa 2.000 kwh pro Jahr. Die Stromerzeugung wird durch Kraftwerke bewirkt. Hier unterscheidet man Anlagen je nach der erzeugten Spannung. Der erzeugte Strom wird an vielen Stellen in das Netz eingespeist und durch elektronische Regelung möglichst gleichmäßig verteilt, um Erzeugungskapazitäten mit Abnehmerbedarf zu synchronisieren.

Kommt es nun zu Ungleichgewichten, versuchen die Operatoren durch Auf- oder Abschaltungen von Kraftwerkskapazitäten, diese auszugleichen. Gelingt dies nicht (wie im Falle der Emsleitung 2006), treten Störungen im Netzbetrieb auf. Diese können durch den Betrieb selbst, wie auch durch äußere Einwirkungen ausgelöst werden.

NETZÜBERLASTUNG
Durch den Einsatz von umweltabhängigen Stromkraftwerken (z.B. Wind- und Solarenergie) schwankt die Einspeisungsmenge zum Teil erheblich. Die Übermengen an Strom, die zu Wetterspitzenzeiten eingespeist werden, drohen, das Netz zu beschädigen. Dann greifen die Operatoren der TSO-Netzbetreiber ein und ersuchen die Windkraftanlagenbetreiber, ihre Anlagen zu drosseln. Allerdings folgen nicht alle Stromerzeuger dieser Empfehlung, da sie dadurch Umsatzeinbußen erfahren.

Beispiel: Mecklenburg-Vorpommern. Weht der Wind plötzlich kräftig, erzeugen die Windanlagen 12 Gigawatt Strom, das Bundesland (inklusive Berlin) verbraucht jedoch nur maximal etwa 5 Gigawatt. Der Rest muss durchgeleitet werden zu anderen Verbrauchern, oder die Produktion muss gedrosselt werden.

Andersherum schalten sich die meisten Windkraftanlagen bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 30m/s ab, also müssen bei einer Flaute kurzfristig konventionelle Kraftwerke hochgefahren werden. Dieses Wechselspiel aus Umschaltungen kann das Stromnetz gefährden, z.B. wenn die Operatoren nicht die richtigen Entscheidungen treffen. Auch die durch Kleinanlagen im Niederspannungsbereich bedingte Verringerung der sogenannten VERTIKALLAST (Stromübergabe aus dem Höchstspannungsnetz an die Verteilernetze) sorgt für Instabilitäten. Dies birgt weitere Risiken für das Stromnetz.

NETZSSCHWANKUNG
Ein besonders heikles technisches Thema ist die Abweichung der Netzfrequenz, die in Hertz gemessen wird. In Europa, Asien, Afrika und Südamerika beträgt diese allgemein 50 Hertz, Ausnahmen gibt es bei der Bahnversorgung mit z.T. 16,7Hz. Ein Abweichen von der nominalen Netzfrequenz stört die Synchronisation der Einspeiser und kann empfindliche Anlagen irreparabel beschädigen.
Es gibt verschiedene Steuer- und Sicherheitsmechanismen, die bei starken Schwankungen eingreifen sollen, um größere Schäden zu vermeiden.

  • Primärregelleistung (PRL) - Bei erhöhter Stromabnahme erfolgt Entnahme von Rotationsenergie aus den Generatoren, was diese jedoch langsamer macht und die Frequenz sinken lässt. Eine Kette aus Wechsel- und Gleichrichtern begrenzt die Schwankungen dabei.
  • Sekundrärregelleistung (SRL) - Über Integralregler in Verbindung mit der Primärregelung setzt die Sekundärregelung bei Bedarf die Minutenreserve frei, um Frequenzschwankungen auszugleichen.
  • Tertiärregelleistung (TRL) - Sie regelt die Ungleichheiten meist erst nach etwa 15 Minuten, steht dafür jedoch längerfristig zur Verfügung (bis ca. 60 Minuten).
  • Es gibt auch eine sog. Quartärregelung, die hauptsächlich für die Regulierung der Synchronuhren verantwortlich ist, welche die Netzfrequenz als Zeitgeber nutzen. Schwankende Netzfrequenzen lassen diese Zeitmesser falsche Werte angeben.

Sie haben doch sicherlich auch schonmal bemerkt, dass Ihre Uhr am Küchenherd vor- oder nachging? Das liegt an den Netzfrequenzschwankungen. Anfang März 2018 betrug diese Abweichung aufgrund einer Unterfrequenz sogar bis zu 359 Sekunden, also ganze sechs Minuten. Am heimischen Herd sind solche Abweichungen sicherlich nicht besonders relevant, anders sieht es da in prozessorgesteuerten Produktionsabläufen aus. Wer sich die Frequenzschwankungen gern einmal live im Netz ansehen möchte, kann das z.B. auf der Seite www.netzfrequenzmessung.de tun

NATURKATASTROPHEN
Jede Form von natürlichen klimatischen, meteorologischen und geophysikalischen Ereignissen können die Stromnetze physisch beschädigen und Stromausfälle verursachen, also Unter- oder Überspülungen von Netzbestandteilen, Frost- und Schneelastbruch von Leitungen, Sturzfluten, Stürme und andere Starkwetterlagen, Erdbeben, Vulkanausbrüche.

TERRORAKTE und SABOTAGE
Als offen zugängliche Infrastruktur sind besonders Hoch- und Höchstspannungsleitungen nicht gegen terroristische Akte gesichert. Auch Teile der Kaftwerksstrukturen sind anfällig für Sachbeschädigungen (z.B. Talsperren). Neben der gewaltsamen Sachbeschädigung (z.B. durch Sprengung) ist auch die Sabotage der elektronischen Steuerelemente mittels Schadsoftware eine mögliche Störungsquelle. Ein ähnliches Szenario beschreibt Elsberg in seinem Roman „Blackout“. Die Stromnetze gehören zu den Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) und werden im Rahmen der Terrorabwehr besonders überwacht. Ein lückenloser Schutz ist jedoch nicht möglich.

TECHNISCHES VERSAGEN
Jede technische Errungenschaft der Menschheit birgt ihr Versagen vom Moment der Erfindung an in sich. Das technische Versagen von Kraftwerken, Leitungen, Regelwerken und Umspannwerken ist keine Frage des OB, sondern lediglich des WANN. Je nach dem, welcher Teil einer Netzinfrastruktur versagt, zeitigt dies mehr oder weniger gravierende Folgen. Zuckende Lichtblitze aus Gullis heraus, brennende Kabel unter der Erde, zerschmolzene Abnehmer in Umspannwerken bis hin zum GAU, dem Durchbrennen eines Reaktorkerns im Atomkraftwerk, all dies sind Erscheinungen des technischen Versagens, welches jedoch nicht selten auf die nächste Fehlerquelle zurückzuführen ist, nämlich...

MENSCHLICHES VERSAGEN
Das Steuerwerk der Stromnetze befindet sich meist in Computern, und wie man weiß, sitzt in 99% der Störfälle der Fehler vor dem Monitor. Ob es ein ungenügend ausgebildeter, schlecht bezahlter Operator ist, der übermüdet und desinteressiert die Warnungen des Systems nicht beachtet oder eine Buchhaltungskraft, die bedenkenlos wichtig aussehende Email-Anhänge öffnet und dadurch eine Backdoor für Hacker öffnet - beide Wege führen möglicherweise in die Katastrophe.

Dimensionen

Das deutsche Stromnetz verfügt über sagenhafte 1,8 Millionen Kilometer Leitungswege, die versorgt, überwacht und gesteuert werden müssen. Die Operatoren der Netzbetreiber haben alle Hände voll zu tun, um die Sicherheit und die Verfügbarkeit des Stroms für uns alle sicherzustellen. Doch wir sind nicht allein in Europa. Selbstverständlich existiert ein übergeordnetes Netz, ein sogenanntes SUPERGRID, das Europäischer Verbundnetz (EV). Es gibt auf europäischer Ebene vier große Netze:

  • UCTE (Union for the Coordination of Transmission of Electricity) mit ca. 2530 Terawattstunden/Jahr
  • IPS/UPS (Integrated / Unified Energy System) mit ca. 1285 Terawattstunden/Jahr
  • NORDEL /ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators) mit ca. 405 Terawattstunden/Jahr
  • UKTSOA (UK Transmission System Operators Association )  mit ca. 400 Terawattstunden/Jahr

Diese Netze versorgen fast 840 Millionen Einwohner meist zuverlässig mit Strom. Im Vergleich zu anderen (internationalen) Netzen ist die Frequenzstabilität und Versorgungsqualität relativ hoch. Doch ein transnationales Netz ist ebenso anfällig für Fehler und Störungen, zumal hier oft internationale Missverständnisse hinzukommen. Seit dem Ems-Vorfall 2006 haben die Netzbetreiber viel dazugelernt und der Informationsaustausch wurde deutlich verbessert. Aber der Stromhunger unserer unterhaltungsaffinen und beinahe konsumsüchtigen Welt wächst mit jedem Tag. Ein möglicher Totalausfall großer Teile des Stromnetzes, das dann nur sehr langsam und quasi Stück für Stück wieder angefahren werden kann, rückt - statistisch gesehen - immer näher. Jeder von uns tut gut daran, sich auf einen länger andauernden Stromausfall vorzubereiten.

3 Phasen des Blackouts

Was passiert nun, wenn der Strom wegbleibt? Zunächst einmal bleibt uns für einen kurzen Moment die Spucke weg, denn der Stromausfall kommt meist, wenn man ihn am wenigsten gebrauchen kann. Das scheint eine Art Naturgesetz zu sein. Man kann diese Situation grob in drei Phasen unterteilen.

  • PHASE 1: IRRITATION - Etwas, das für uns tagein, tagaus zur Verfügung steht, fehlt plötzlich und ohne jede Vorwarnung. Das plötzliche Ereignis stiftet Verwirrung. Mangelnde Information und zunehmende Deprivation lassen in uns eine unbestimmte Unruhe aufkommen. Besonders am späten Abend oder in fensterlosen Räumen verändert die plötzliche einsetzende Dunkelheit das eigene Körpergefühl und die Selbstwahrnehmung. Die Dauer der Irritationsphase hängt von unserer eigenen geistigen Konstitution ab. Stichwort: Resilienz
  • PHASE 2: ORIENTIERUNG - Wir beginnen - je nach vorhandener Resilienz - damit, unsere Position festzustellen. Wenn es komplett finster um uns herum wird, nutzen wir dazu die im Kurzzeitgedächtnis gespeicherten optischen Informationen. Vor dem geistigen Auge errichten wir ein Modell unseres letzten Standpunktes. Nun treten Fragen in den Vordergrund, über die wir uns vorher keine, vielleicht wenige Gedanken gemacht haben, zum Beispiel die nach einer Lichtquelle (Feuerzeug, Kerze, Taschenlampe). Da wir zunächst einen lokalen Stromausfall (Kurzschluss) annehmen, versuchen wir, den Sicherungskasten zu erreichen.
  • PHASE 3: ORGANISATION - Nachdem wir unseren eigenen Sicherheitsstatus festgelegt haben („Safe“), übernimmt nach und nach der rationale Verstand wieder das Regime. Wir versuchen, Fehlerquellen zu eruieren, erkundigen uns nach dem Befinden von Familie und evtl. anderen Hausbewohnern. Unsere Bereitschaft, anderen Personen in Not zu helfen, steigt. Wir untersuchen, ob auch andere Haushalte vom Stromausfall betroffen sind. Wir ergreifen gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen und verfolgen öffentliche Bekanntmachungen über Handy oder batteriebetriebenes Radio.

Blackout Lageverschärfung

Sollte der Stromausfall andauern, kann man das Ereignis wiederum in drei zeitlich definierte Kategorien unterteilen, wobei die Zeitangaben hier nur der Verdeutlichung dienen. In einer realen Lage werden die Kategorien durch zahlreiche unterschiedliche Faktoren bestimmt (z.B. Tages- bzw. Jahreszeit, Wetter, geografische Lage usw.) oder die Lage springt direkt in die Katastrophe, was durchaus möglich ist. Wenn die Nordsee nicht mehr ruft, sondern selbst kommt, dann ist Sofortlage=Katastrophenlage, das sollte klar sein. Bei einem z.B. durch technisches Versagen verursachten Stromausfall kann man jedoch diese drei Kategorien annehmen:

  • SOFORTLAGE: Schlagartig fallen meine üblichen Kommunikationswege aus, allenfalls das Handy funktioniert noch. Das Licht geht aus, eventuell auch die Straßen- und Hausbeleuchtung. In urbanen Strukturen kommt es zu Verkehrsunfällen, eventuell kann man akkubetriebene Alarmanlagen deutlich hören. Auch Gegensprechanlagen, elektrische Türöffner, Treppenlifte, Fahrstühle und Drehtüren funktionieren nicht. Verkehrsmittel der Bahn und Flughäfen liegen still.
  • KRISENLAGE: Ist der Strom länger als 2 und bis zu 24 Stunden weg, kommt es zu kaskadierenden Ereignissen, die aufeinander folgen. Stadtgas, Belüftung, Wasser und Heizung fallen aus, ebenso Supermärkte, Apotheken, Tankstellen, Banken. Ich kann mir in meiner elektrischen Küche keine warmen Mahlzeiten mehr zubereiten. Der Kühlschrank wird warm und die Tiefkühltruhe beginnt abzutauen. Auch die Toilettenspülung funktioniert nicht mehr. Das Mobilfunknetz bricht zusammen, Informationen kommen aus Kurbelradios und von Durchsagen der Polizei in den Straßen. Eventuell kommt es zu Einbrüchen und Diebstählen.
  • KATASTROPHENLAGE: Wenn das Stromnetz nach 24 Stunden noch nicht wieder intakt ist, wird aus der Krise eine Katastrophe. Besonders im städtischen Bereich kommt es unter Umständen zu Gewalttaten und Verteilungskämpfen. Der Katastrophenfall wird ausgerufen und Bundesmittel mobilisiert.

Am zweiten Tag verschärft sich die Lage zusehends. Während Feuerwehren Brände bekämpfen und vollgelaufene Keller leerpumpen, das THW die Stromunternehmen bei Reparaturen unterstützt und die Polizei alle Hände voll zu tun hat, die öffentliche Sicherheit zu erhalten, versuchen die Hilfsorganisationen, den Rettungsdienst und den Katastrophenschutz zu unterstützen, aber auch hier wird der Treibstoff knapp. Die Verteilung von Nahrungsmitteln aus der Bundesreserve durch die Bundeswehr wird vorbereitet. Ausgangssperren werden verhängt, Plünderer werden sofort verhaftet und in provisorische Arrestlager verbracht. Bei Gewalttaten wird von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Es treten ernstzunehmende Schäden an der gesamten Infrastruktur auf (z.B. durch Überflutungen, Brände, Unfälle in Produktionsstätten), der wirtschaftliche Schaden erreicht schwindelerregende Höhen. Durch die Priorität der KRITIS (Kritische Infrastrukturen) Versorgung kommt es zu Unruhen in betroffenen Stadtteilen und Gebieten.

Dieses Szenario ist nicht Teil eines dystopischen Romans, sondern ist realistisch. Die Ausführungen hier sollen auch nicht Panik schüren, sondern darüber aufklären, was im Falle einer Krise (bestenfalls vorher) zu tun ist. In den „Handlungsempfehlungen zur Vorbereitung auf einen langanhaltenden flächendeckenden Stromausfall für die örtlichen Ordnungsbehörden des Kreises Pinneberg“ stellt der Katastrophenschutz fest (Zitate):

  • Haushalte in ländlich strukturierten Gemeinden sind besser auf lang anhaltende flächendeckende Stromausfälle vorbereitet als z. B. Haushalte in Kernbereichen von Großstädten.
  • Haushalte im eigenen Haus sind gegenüber Wohnungseigentümern und Mietern deutlich bessergestellt (bessere Lagermöglichkeiten, Kamine).
  • Die Bevölkerung zeigt gegenüber dem Stromversorger eine sehr hohe Erwartungshaltung hinsichtlich der Entstörungskapazitäten.
  • Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist weniger bis gar nicht über die Konsequenzen bzw. Maßnahmen zur Bewältigung eines langanhaltenden Stromausfalles informiert.
  • Bei der Bevölkerung sind grundsätzlich, wenn auch nicht unbedingt bewusst, Bewältigungskapazitäten vorhanden. Die Beschäftigung mit dem Thema des lang anhaltenden Stromausfalles führt hier allerdings eindeutig zu einer Zunahme dieser Kapazitäten.

Krisenvorbereitung

Eine sinnvolle Vorbereitung auf Notsituationen sieht auf dem Land natürlich anders aus als in der Großstadt. In urbanen Strukturen greifen die Maßnahmen der Hilfsorganisationen in der Regel schneller als auf dem Land, entsprechend umfangreicher sollten die Vorbereitungen auf dem Land sein.

Wer sich also nicht auf Katastrophen größeren Ausmaßes vorbereiten will, sondern lediglich für einen länger anhaltenden Stromausfall, der sollte sich eine Minimalausstattung zulegen, die es ermöglicht, etwa 10-14 Tage ohne fremde Hilfe zurechtzukommen. Der Mensch hat verschiedene Bedürfnisse, die es auch in einer Krisensituation zu befriedigen gilt. Das wichtigste Bedürfnis ist zunächst ein sicherer, warmer Ort. Dann folgt sauberes Trinkwasser. Erst dann brauchen wir Nahrung.

Eine Faustregel sagt, der Mensch lebt

  • 3 Minuten ohne Atemluft,
  • 3 Stunden ohne Wärme,
  • 3 Tage ohne Wasser und
  • 3 Wochen ohne Nahrung.

Diese Kriterien müssen wir im Notfall erfüllen. Wir brauchen also

  • einen geschützten, warmen Ort
  • sauberes Trinkwasser
  • Nahrungsmittel

Alles, was darüber hinausgeht, ist unter dem Begriff Komfortzone zu verorten. Um einen Zivilisationsausfall bis zur Wiederherstellung der allgemeinen Ordnung durchzustehen, beschaffen wir uns also Dinge des unbedingten Bedarfs und Dinge, die unsere Situation erträglicher machen. Diese Bevorratung und unser Verhalten unmittelbar nach Eintreten der Sofortlage können darüber entscheiden, ob wir es schaffen, die Krise unbeschadet zu überstehen.

Krisenvorrat anlegen

Unsere Vorbereitung erstreckt sich auf verschiedene Bereiche, auf die ich hier zumindest kurz umrissen eingehen möchte.

STANDORT
- Unsere Wohnung / Haus sollte wettersicher und geschützt gegen Einbruch sein. Entsprechende Ratgeberbroschüren lassen sich auf der Website des BBK als PDF herunterladen, auch die Kriminalpolizei bietet Einbruchschutzberatung an.

WASSER
- Sauberes Trinkwasser ist der wichtigste Faktor bei der Krisenvorsorge, deshalb kaufen wir Wasser immer als erstes ein. Es ist gut, für jede im Haushalt anwesende Person mindestens 2 Liter pro Tag (also wenigstens 30 Liter insgesamt) einzuplanen. Ob man stilles Wasser in Glasflaschen oder PET-Flaschen kauft, macht tatsächlich keinen allzu großen Unterschied, beide Varianten sollten kühl und dunkel gelagert werden.

LEBENSMITTEL
- Es macht wenig Sinn, Toastbrot und Sahnepuddings als Notvorrat einzulagern. Achten Sie beim Anlegen von Vorräten vor allem auf LANGE HALTBARKEIT und EINFACHE VERWENDUNG. Trockenprodukte (also Mehl, Zucker, Salz, Hülsenfrüchte, Nudeln, Reis usw.) halten sich grundsätzlich länger als Nahrungsmittel, die Feuchtigkeit enthalten. Hochwertige Konserven (in Gläsern oder Dosen) sind meist weit über das sogenannte MHD hinaus haltbar.

Exkurs: Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), das auf verpackten Lebensmitteln Vorschrift ist, wird vom Hersteller nach eigenen Erfahrungswerten vergeben. Es sagt tatsächlich nichts über die Haltbarkeit des Inhalts einer Verpackung aus, sondern stellt lediglich einen Hinweis darauf dar, wie lange das Produkt unverändert in der Verpackung erwartet werden kann. Konservendosen, die ein MHD von 3 Jahren haben, können bei korrekter Lagerung 25 Jahre und länger haltbar sein. Eingelagerte Lebensmittel grundsätzlich trocken, kühl, dunkel und unter Luftabschluss (am besten im Vakuum) lagern erhöht die Haltbarkeit enorm.

Welche Lebensmittel Sie bevorraten, bleibt letztlich Ihrem Geschmack überlassen. Wichtig ist, dass Sie pro Person ungefähr 2.000 Kalorien pro Tag einplanen, wer Leistung bringen muss, braucht 25% Aufschlag.

Tipp: Als haltbarer Energielieferant eignet sich z.B. Erdnussbutter („Hüftgold“) hervorragend. Die Gläser sind luftdicht verschlossen, lange haltbar und der Inhalt hat eine extrem hohe Kaloriendichte.

Liste: Für eine einigermaßen ausgewogene Ernährung über 14 Tage sollten Sie pro Person einplanen (Trockenprodukte vakuumiert, Kochmöglichkeit vorausgesetzt):
30 Liter Wasser, 1kg Milchpulver, 1kg Volleipulver, 2kg Haferflocken, 2,5kg Nudeln/Reis, 2,5kg getrocknete Hülsenfrüchte, 3,5kg Gemüse (Konserve, Abtropfgewicht), 7 Liter Fleisch- oder Gemüsebrühe (instant), 200g Salz, 1kg Zucker, 1kg Mehl, 2kg Dosenbrot, 500g Fischkonserve, 1kg Dauerwurstkonserve, 400g Konfitüre oder Honig, 2Liter Pflanzenöl, 500g Margarine. Bei Bedarf noch Kartoffelflocken (Instantpüree), Tütensuppen (als Geschmacksträger), Getränkepulver, Tee, Kaffee, geröstete Erdnüsse.

ENERGIE
- Heizenergie ist in geschlossenen Räumen nicht einfach zu produzieren. Wenn Sie mit Gas heizen und kochen wollen, sorgen Sie unbedingt für ausreichende Frischluftzufuhr! Es droht Erstickungsgefahr. Für die Raumheizung eignen sich Katalytöfen, die mit Sicherungen versehen sind, die bei Erlöschen der Flamme oder steigendem CO-Gehalt auslösen und die Gaszufuhr stoppen. Auch an eine Schlauchbruchsicherung am Druckminderer sollte gedacht werden. Auch Ethanolkamine lassen sich zum Heizen nutzen.
Als nutzbringend für die Notküche haben sich Propan- und Butan- Campingkocher erwiesen, diese kann man entweder mit 5kg- oder mit 11kg-Füllungen betreiben, oder in der kleineren Variante mit Einwegkartuschen. Auch kleinere, simple Öfen für den Einsatz von Brennpaste oder Esbit-Steinchen haben sich bewährt. Das Zubereiten von heißen Getränken und warmer Nahrung stellt auch einen wichtigen psychologischen Faktor in der Krisensituation dar und sollte darin nicht unterschätzt werden. Eine heiße Tasse Kaffee nach einer Nacht ohne Strom mit ungewissem Ausblick in die Zukunft weckt die Lebensgeister.

BEDARFSGEGENSTÄNDE
- Hier bewegen wir uns in den Notfallvorbereitungen bereits im Grenzbereich zur Komfortzone. Dass Dinge wie Bekleidung usw. vorhanden sind, wird vorausgesetzt. Es braucht hier für den Vorrat:

  • Hygieneartikel - Seife, Waschlappen, Handtücher, Zahnpasta und -bürste, Rasierschaum, Nassrasierer, Klopapier, Deo, Desinfektionsmittel, Plastikeimer und Müllbeutel als Notklo(!)
  • Küchenartikel - Töpfe, Pfanne, Schüsseln, Kannen, Besteck, Geschirr, Papiertücher, Müllbeutel, Spülmittel
  • Haushalt - Werkzeugkasten, Taschenlampen, Batterien, Orts-Straßenkarte, evtl. Gesellschaftsspiele, Bücher

SANITÄT
- allgemeine Medikamente (Schmerzmittel, Sportsalbe, Kohletabletten usw.), spezielle Medikamente (auf jede Person zugeschnitten), Verbandkasten nach DIN 13169, zusätzliche Decken. Den Ersthelferkurs auffrischen!

KOMMUNIKATION
- Mobilfunkgerät mit Solar-Powerbank, Radiogerät (am besten mit Kurbelakku, eignet sich auch zum Laden des Handys), Schreibmaterial

Dies ist natürlich nur ein grober Überblick, der tatsächliche Bedarf richtet sich nach Standortlage, Wohnsituation, Personenzahl, Art und Auswirkung der Lage und anderen Faktoren. Die hier gemachten Vorschläge zur Vorbereitung auf eine Notlage sollen anregen, über die eigene Situation nachzudenken und Entscheidungen zu treffen.

Dieser Entscheidungsprozess beinhaltet folgende Fragen:

  • Will ich mich vorbereiten?
  • Worauf will ich mich vorbereiten?
  • Habe ich ausreichend und adäquaten Platz?
  • Bin ich bereit, etwa 200,- € pro Person zu investieren?

Natürlich werden Sie durch diese Vorbereitungen eine Krise oder gar Katastrophe nicht abwenden können, aber der Gedanke etwas Sinnvolles getan zu haben, um die Folgen eines solchen Ereignisses für sich und die Liebsten zu mildern, beruhigt ungemein.


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