Prepping im Hamsterrad

Oft werden ja Prepper in den Medien und sozialen Netzwerken verschrien als Leute, die alles hamstern und den anderen alles wegkaufen, siehe die Nudel-/Klopapierkrise 2020 oder die furchtbare Speiseölknappheit 2022. Aber wer weiß, vielleicht ist Hamstern gar nicht so doof?

Hamstern und Preppen

Ich selbst bereite mich seit geraumer Zeit auf Krisen und Katastrophen vor. Lange bevor es tres chic war, im Supermarkt handgreifliche Auseinandersetzungen um Klopapier zu führen, habe ich mir Krisenvorräte angelegt. Nicht nur Klopapier und Nudeln, sondern auch allerlei anderes nützliches Zeug. Wenn man mir von Seiten der Medien vorhielt, ich würde "hamstern", habe ich das stets zurückgewiesen, denn ich habe meine Vorräte über Monate hinweg für einen erwarteten Bedarf zusammengestellt. Ich habe stets gesagt: "Prepper sind keine Hamsterkäufer". Mit dieser Einstellung - und einem stets ordentlich gesäuberten Hintertürchen am Achtersteven - bin ich recht gut durch die Pandemie gekommen, die ja zu einem der von Preppern in Betracht gezogenen Krisenszenarien zählt. Ich schätze mal, einige von denen, die sich gern im Netz über diese "Prepper-Spinner" lustig gemacht haben, kaufen inzwischen meine Ratgeber oder laden sich die BBK-Broschüre herunter (die kostet ja schließlich nichts). Aber in diesem Beitrag geht es um etwas anderes als Notvorräte, nämlich um:

HAMSTERN

Das Wort beschreibt das Wiktionary als: "auf Vorrat beschaffen; über den eigenen Bedarf hinaus anhäufen"

Im Augenblick schliddert das "beste Deutschland, in dem wir alle gut und gern leben" von einer Krise in die andere, man könnte meinen, da findet ein Wettbewerb statt. Erst Finanzcrash, dann Flüchtlinge, dann Corona, dann Krieg, dann Gasknappheit und nun etwas, das wir in dieser Intensität in den letzten hundert Jahren nur sehr selten zu Gesicht bekommen haben, nämlich eine galoppierende Inflation. Alles wird plötzlich teurer, und zwar massiv. Vor allem die Energie. Hier ein Ausriss aus der freundlichen Mitteilung meines Stromanbieters, dass er doch demnächst gern das Doppelte an Geld für die gleiche Leistung hätte. Alternativen? Fehlanzeige!

Stromrechnung Preiserhöhung

Wenn's nur das wäre. Da ist noch das Heizöl: 2.000 Liter für schlappe 3.000,- €. Benzin: 2,- €/Liter. Und dann ist da noch der Einkauf. Der Boden im Einkaufswagen bedeckt: 40,- € - und ich bemühe mich, Noname- und Angebotsware zu kaufen. Preisaufschläge im Supermarkt von bis zu 30% bei gleichzeitiger (!) Inhaltsverringerung (Fleischwaren bis zu 20%) lassen den Kunden an der Kasse wie einen Bittsteller wirken. Offizielle Inflationsrate: 10% - am Ar***! Fun fact: In diesem Ausmaß passiert das z.Z. nur in Deutschland, ähnlich wie bei der Ukraine-Rapsölkrise Anfang '22. 

Kaufkraftverlust und Inflation

Das bedeutet, uns ereilt derzeit ein massiver Kaufkraftverlust bei gleichzeitiger Verringerung des für Konsumgüterumsatz verfügbaren Einkommens. Der sprichwörtliche "kleine Mann" blutet aus, und das nach beiden Enden hin. Wer nun meint, dies träfe nur die Angehörigen unterer Einkommensgrenzen und die Empfänger von Transferleistungen, der irrt.  2016 waren 16,2% alleinstehender Rentnerinnen von Transferleistungen ("Grundsicherung im Alter") abhängig, 20 Jahre später werden es 27,8% sein. Diese Aussage stammt aus einer Studie von 2017 und berücksichtigt die aktuelle Entwicklung nicht einmal. Nach einer angeblich aktuellen Studie der Sparkassen leben mittlerweile 60% der deutschen Haushalte von ihren Spareinlagen und wer im Haushalt (2 Erw.) weniger als 3.600,- € netto (!) zur Verfügung hat (ja, monatlich ist gemeint!) lebt schon jetzt unter der Armutsgrenze, 2019 lag der Wert für eine Familie (2 Erw. 2 Ki.) noch bei 2.469,- €. Das zerstört die Sparquote und drückt sie gegen Null, was wohl auch irgendwo beabsichtigt ist. Kapitalismus lebt von Umsatz und Konsum, nicht von Sparbüchern. Statistik hin oder her, brutto oder netto, jeder von uns weiß, dass er für sein Geld nichts mehr kriegt. Und das ist fatal. Der Kaufkraftverlust ist sowohl subjektiv, als auch objektiv spürbar.

Ich selbst merke das auch. Meine eigene Sparquote ist massiv gesunken. Das hat mich dazu gebracht, meine angestammten Verhaltensmuster zu überdenken. Macht es Sinn, Geld zu sparen, das jeden Tag weniger wert ist? Die Antwort für mich lautet: NEIN.

Und da sind wir beim Hamstern angelangt. Ich habe mich nämlich entschlossen, meine liquiden Mittel zum Teil in bedarfsgerechte Konsumgüter umzuwandeln. Das bedeutet, ich habe mir keine Rolex gekauft, sondern ich hamstere ab sofort Dinge, die ich sowieso brauche und die garantiert nicht billiger werden. Dazu habe ich meinen Haushalt analysiert und entsprechende Strategien entwickelt. Da ich Werte in (für meine bescheidenen Verhältnisse) nicht geringer Menge umzuwandeln gedenke, will ich Sachwerte anschaffen, die haltbar sind. Gold? Kann man nicht essen und nicht verbrauchen, ist also für mich sinnlos. Ich denke da in eine ganz andere Richtung, nämlich in die, welche zur Zeit den Inflationsgalopp anpeitscht.

  • 1) Immobilen. Ich stecke jeden Cent, der übrig ist, in Haus und Garten, statt in den Urlaub zu fahren. Ein neues Dach, neue Fenster, neue Dämmung, neue Obstsorten im Garten, Treibhäuser im Garten und auf dem Flachdach des Anbaus, Hühnerstall, unkonventionelle Anbaumethoden, nachhaltiges Wirtschaften auf dem eigenen Grund und Boden. Energie sparen und den Anteil der Selbstversorgung erhöhen, das stärkt die eigene Kaufkraft zwar nicht relativ, aber absolut.
  • 2) Energie. Ich investiere in Wind- und Solartechnik, Stromspeicher, Heizöl, Brennholz, Kohle, Gas. Klar, Energie ist teuer, aber die wird demnächst preislich noch in ganz andere Höhen vorstoßen. Das, was wir jetzt (2022) erleben, ist lediglich die Overtüre. Die Preisentwicklung für Energie am Markt - und das sollte man niemals (!) vergessen - ist nicht das Ergebnis einer durch Verbrauch erzeugten Knappheit, sondern die Folge eines Spekulationswuchers, der sich wie ein Krebsgeschwür ausbreitet. Aus diesem Grund bunkere ich fossile Brennstoffe bei gleichzeitigen Einsparungen im Verbrauch und bemühe mich zudem um eine eigene Stromversorgung aus der Umwelt (Solar- / Windenergie).
  • 3) Verbrauchsgüter. Da sind wir definitiv beim Hamstern. Hier sehe ich meinen "Spartopf" in der Waschküche stehen. Ich kaufe derzeit vermehrt Wasch- und Putzmittel und Dinge der Körperhygiene, die in unserem Haushalt auf jeden Fall irgendwann verbraucht werden. Es wird der eine oder andere vielleicht denken: "Was soll der Quatsch? Wofür braucht der so viel Waschmittel?" Nun, es sei entgegnet, dass ich vorhabe, noch ein paar Jährchen zu leben und ab und an meine Wäsche zu waschen. Und das Zeug, das ich heute kaufe, wird garantiert nicht billiger werden in nächster Zeit! Was ich jetzt für 10,- € einkaufe, ist in einem Jahr vielleicht schon 15,- € wert. Diese spare ich mir dann, weil ich noch einiges im Hamsterbau zu liegen habe.

Nun kann man natürlich hergehen und das als Panikmache abtun. Was weiß der Prepper schon von unserer Wirtschaft? Ha! ... Ja, das haben viele auch vor der Pandemie gesagt. Ich persönlich habe kein Problem damit, wenn sich jemand über micht lustig macht. Nur zu, viel Vergnügen. Und nein, ich verleihe später kein Klopapier.

Als ich neulich einen Artikel auf der Plattform Business-leaders.net las (https://www.business-leaders.net/deindustrialisierung-in-deutschland-angriff-auf-die-substanz-der-deutschen-industrie), wo die Liste der auf der Kippe stehenden Unternehmen veröffentlich wurde, kam ich zu dem Schluss, dass ich das RICHTIGE tue. Es lohnt sich übrigens wirklich, dem Link einmal zu folgen und das nachzulesen. Wir werden 2023 in ein Jahr der massiven Rezession rutschen und viele mittelständische Unternehmen werden das nicht überleben. Bereits jeder zweite Mittelstandsbetrieb bangt um die Existenz. Und die meisten Werktätigen dürfen sich von Zweitwagen und Urlaubsreise schonmal langsam verabschieden, das Geld bekommt nämlich der Stromkonzern.

Natürlich wird - wie immer im Kapitalismus - nach der Rezession und dem feierlichen Zusammenbruch - etwas Neues, Gewinnbringendes aus der ruinösen Asche des Resets entstehen, aber bis das dann soweit ist, hätte ich halt gern noch etwas Waschmittel im Haus. Und Hamsterfutter.

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